Zu einem Gespräch waren die beiden Politiker Bernd Lange (SPD) aus dem Europaparlament (EP) und Christoph Dreyer (CDU) aus dem niedersächsischen Landtag in die KGS gekommen, um den Schülern des politischen Kurses von Stefan Bahls Rede und Antwort zu stehen.
Das Angenehme an dieser Diskussion gleich einmal vorweg. Es unterschied sich von den politischen Schreiereien in den Fernsehsender dadurch, dass sich die Gesprächspartner nicht nur respektierten, sondern auch zuhörten und miteinander sprechen wollten. Die Veranstaltung wurde moderiert von zwei Schülern, Carolin Koch und Janik Hohenhaus, die auch die beiden Abgeordneten einleitend kurz vorstellten.
Vor der Diskussion mit den rund 30 Schülern stellten die Abgeordneten dann ihren Alltag in den beiden Parlamenten und die Arbeit in den Ausschüssen dar, bevor es an die Detailfragen ging.
Der erste sich ergebende und insgesamt dominierende Themenblock befasste sich mit den Piraten und ihrer Absicht, die Arbeit deutlich öffentlicher zu machen. Lange verwies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Europaparlament seine Sitzungen auch im Netz per Livestream überträgt. Lange und Dreyer waren sich einig, dass die Piraten die digitale Welt “nicht gepachtet, aber sie ins Bewusstsein gerückt haben”. Die Sprache kam anschließend auf die Arbeitsweise der Piraten per Liquid Feed und der daraus resultierenden Schwierigkeiten bei Abstimmungsprozessen in Parlamenten, beispielsweise bei Anträgen. Dabei waren die Erfahrungen mit dieser neuen Partei bei den Gästen unterschiedlich: Dreyer hatte keine Erfahrung aus dem Landtag, während Lange mit ihnen bereits im EP zusammenarbeitete.
Ein zweites Schwerpunktthema waren die Griechen und der Europäische Rettungsschirm. Während Lange noch der Meinung war, die Griechen würden sich der Realität stellen, hatten die Schüler dort bereits erhebliche Skepsis erkennen lassen. Über das Thema ACTA zeigte sich Lange als handelnder Akteur in Straßburg/Brüssel bestens informiert. Er hob zunächst auf die Abmahnindustrie ab, die es abzuschaffen gelte, und dann auf die Aufteilung von ACTA in zwei separate Abkommen: Eines zum Schutz gegen Produktpiraterie und eines zum Urheberschutz. “Schließlich müssen Leute auch von ihren geistigen oder kulturellen Erzeugnissen leben”, so Lange, wobei Dreyer dem beipflichtete. Auch die Schüler sahen diesen notwendigen Schutz ein. Danach sprach man über die Gruppe Anonymus, über Zensur und Vorratsdatenspeicherung. Auch hier war die mehr oder weniger einhellige Meinung, dass sowohl die Speicherzeit zu lang sei, als auch die Vorgaben des Verfassungsgerichts zum Schutz der Bundesbürger unbedingt zu beachten sei.
Nach rund eineinhalb Stunden wurde die Diskussion geschlossen und man konnte abschließend festhalten, dass hier ein sehr auf elektronische Fragen spezialisiertes, sehr fruchtbares Gespräch zwischen den agierenden Politikern und der kommenden Generation stattgefunden hatte. Man kann hoffen, dass die Ansichten der Jugend Eingang in die aktuellen Lösungen der Politiker finden werden. Dann war der Besuch eine effiziente Zweibahnstraße. (jph/sehnde-news.de)