Flucht, Asyl, Migration – was kann Politik dabei leisten? Das wollten die Schüler der Klasse E1 aus dem zehnten Jahrgang der Kooperativen Gesamtschule (KGS) Sehnde gestern von der örtlichen SPD-Landtagsabgeordneten Silke Lesemann wissen.
Lesemann, Ortsbürgermeisterin von Bolzum, hatte dafür eine klassische Politikerantwort parat: „Politik beginnt da, wo man wohnt.“ Sie habe Anfang der Siebzigerjahre als Zwölfjährige erstmals Menschen mit ausländischen Wurzeln im Ort gesehen – eine türkische Gastarbeiterfamilie. „Hatten Sie da Vorurteile?“, fragte die 16-jährige Isabell Stenzel ganz unverblümt. „Viele Bolzumer fanden die merkwürdig, aber ich war neugierig und wollte wissen, was die machen und was sie essen“, erzählte die Sozialdemokratin. „Ihr habt heute die große Chance, euch schon früh kennenzulernen und ganz anders zusammenzuwachsen.“
Aber viele Menschen in Deutschland seien gegen Flüchtlinge, sagte Laila – Stichwort Pegida. „Wie geht man damit um?“, fragte die aus Syrien stammende Schülerin. „Man muss die Leute im Gespräch überzeugen, sich mit anderen zusammentun. Ich war auch auf einer Gegendemo“, antwortete die Politikerin.
Zur Frage, was Politik in der Flüchtlingsfrage leisten kann, nannte Lesemann als wichtigstes Ziel, eine Flucht zu verhindern. Dazu müsse man Durchgangsstaaten wie Libyen und Marokko unterstützen, Schlepperbanden mit Polizeiarbeit bekämpfen und Zuwanderung mit einem Einwanderungsgesetz regeln – ob das mit dem Koalitionspartner CDU möglich ist, ließ sie offen.
Dann drehte Lesemann den Spieß einfach mal um: „Auch ihr als Schüler könnt etwas tun.“ Etwa Hausaufgabenhilfe oder Deutschunterricht für Mitschüler aus Flüchtlingsfamilien geben. „Vielleicht spricht jemand von euch Arabisch und könnte dolmetschen“, nannte Lesemann als weiteres Beispiel. Aber auch Sportturniere mit gemischten Mannschaften oder ein multikulturelles Fest seien Möglichkeiten für Integration.
„Humanität ist ein Wert, dafür hat die EU den Friedensnobelpreis bekommen“, betonte Lesemann. Dass aber nur fünf Länder in Europa 75 Prozent aller Flüchtlinge aufnehmen, verschwieg die Landtagsabgeordnete nicht. Die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen werde daher immer schwieriger.
Wie denn die Aufnahme in Sehnde klappe, wollte Nicola Härtig wissen. Denn dass es jetzt auch Flüchtlinge in Bilm und bald in Ilten gebe, habe sie noch gar nicht gewusst. „Auch wenn noch mehr
Asylsuchende kommen: Das müssen wir schaffen.“ Lehrer Stefan Bahls nahm die Anregungen Lesemanns auf: „Wir haben eine Auszeichnung als Schule mit Courage und gegen Rassismus – das müssen wir
jetzt beweisen.“ (Kühn/haz)