Einblicke in das jüdische Leben in Frankfurt am Main heute und in der Vergangenheit gab es in der letzten Woche für eine Reihe von Schülern der Kooperativen Gesamtschule Sehnde.
Im Bonhoefferhaus lauschten Siebt- bis Elftklässler den Geschichten der Schauspielerin und Autorin Petra Kunik.
Petra Kunik, deren Familie bis auf ihre Eltern im Holocaust umkam, erzählt im Sehnder Bonhoefferhaus Elftklässlern der KGS Geschichten über das Judentum in Frankfurt früher und heute.
Die alle zwei Jahre in Hannover stattfindende Tagung von Kinder- und Jugendbuchautoren nutzt die Schule gern, um einige der Schriftsteller nach Sehnde zu locken, erläuterte Michael Gollert, Fachbereichsleiter Deutsch an der KGS. Unter anderem konnten sie erneut Petra Kunik gewinnen, die bereits zweimal zuvor in Sehnde gelesen hatte.
Bei ihrem jetzigen Besuch beleuchtete die 71-jährige Hessin das jüdische Leben in ihrer Heimatstadt. Anlass dazu war der Griff zu ihrem Buch "Keine gute Adresse", in dem sie über die Frankfurter Judengasse und das dort über Jahrhunderte beheimatete Getto berichtet. Kunik machte den Elftklässlern deutlich, dass Diskriminierung der Juden kein Phänomen ausschließlich des 20. Jahrhunderts war. Schon in früheren Zeiten wurden sie drangsaliert. Die Juden wurden im Mittelalter ins überbevölkerte Getto gesperrt und durften es über Nacht nicht verlassen. "Es wurde nachts zugeschlossen." Zwar gab es auch im Getto einen Schlüssel. "Aber bis im Fall eines Brandes der Schlüssel am Tor war, hat es gedauert", meinte Kunik.
Sie erzählte auch aus ihrer eigenen Biografie als Nachkriegsjüdin in Frankfurt, die sich durch die Auschwitzprozesse unter Staatsanwalt Fritz Bauer in den Sechzigerjahren ihres Judentums bewusst wurde. Bis auf ihre Eltern ist ihre gesamte Familie im Holocaust umgekommen, wie sie auf Nachfrage der Schüler berichtete. Breiten Raum nahm dabei die Besetzung des Börneplatzes in Frankfurt ein, an der sie 1987 aktiv teilnahm. Dort wurden beim Bau eines Verwaltungsgebäudes der Stadtwerke Reste der alten Judengasse freigelegt. In einer bundesweit beachteten, kontrovers diskutierten Aktion konnten diese teilweise gerettet werden.
Heute setzt sich die Frankfurterin besonders für interreligiöse Verständigung zwischen Juden, Christen und Moslems ein. (Michael Schütz/haz)