Seit vielen Jahren wird an der KGS Sehnde im Rahmen eines vielschichtigen Konzepts der Opfer des Nationalsozialismus gedacht.
2019 umfasste das Gedenken noch alle Aspekte: Es gab eine Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus interessierten Schülerinnen und Schülern der Klassen 9-12. Eine einwöchige Studienfahrt zur Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz -Birkenau fand statt. Die Reflexion der Fahrt schlug sich in Ideen und neuen Exponaten zur ersten Ausstellung am 27.01.2020 nieder, und die Ausstellungswoche wurde förmlich mit geladenen Gästen eröffnet.
Ab März 2020 änderten sich schlagartig die Bedingungen. Die zentrale Gedenkveranstaltung zum 27.01. 2021 musste online stattfinden und es zeigten sich nicht überwindbare Schwierigkeiten, einem so
emotionalen historischen Ereignis einen angemessenen digitalen Rahmen zu geben. In ganz neuen Räumlichkeiten und unter strengen Hygienevorschiften hat bis zum 27.01.2022 darum wieder eine
Ausstellung stattgefunden, ganz ohne Eröffnung zwar, in ständigem Durchzug und ohne viele Ehemalige, aber unter tatkräftiger Mithilfe einiger früherer AG-Teilnehmer*innen aus der jetzigen
Qualifikationsphase.
Aufbau in der vorderen Hälfte des zweiten Stockwerks des W-Trakts dedr KGS Sehnde war am 21.01. Wie in den Jahren zuvor sind vier Bereiche ausgestattet worden: Im Eingangsbereich der
Flure haben die Darstellungen zur nationalsozialistischen Ideologie und ihr heute noch anzutreffender Sprachgebrauch Platz gefunden. Außerdem sind Fotowände zu früheren Studienfahrten nach
Auschwitz aufgestellt worden und eine Sitzecke bot Raum zur Reflexion und zum Hinterlassen einer persönlichen Nachricht. Ein Raum dokumentierte die Geschichte des Judentums, gab Einblicke
in Kultur und Gesellschaft und die Auseinandersetzung der zweiten Generation mit der Verarbeitungsweise der ersten.
Ein weiterer Raum zeigte die Erinnerungskultur anhand diverser Portraits von Gedenkstätten, Kunstaktionen - wie die der Stolpersteine - sowie Biografien von Überlebenden und Gerechten unter den Völkern. Ein dritter Raum schließlich beleuchtete das Lager Auschwitz von verschiedenen Seiten her: Ort, Gelände, Planung, Gebäude, Erbauung und Nutzung zur industriellen Vernichtung. Die Besucher*innen des 9. Jahrgangs und solche, die vereinzelt vorbeischauten, erfuhren in teils drastischen Fotografien, beklemmenden Zeichnungen, unfassbaren Zahlen und bestürzenden Berichten die Begründung zu dem, was den Philosophen Theodor W. Adorno als zentrales Postulat an "Erziehung nach Auschwitz" im Jahr 1966 formulieren ließ: "Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung." (zitiert nach:)
Die diesjährige Ausstellung war aus organisatorischen Gründen bereits am 24.01. eröffnet worden und endete am Tag des Gedenkens selbst, am 27.01. In der Nachlese werden die zahlreichen
Erinnerungs- und Kommentarzettel der Schülerinnen und Schüler zu sichten sein. Sie fassen letztlich das in Worte, was während der Ausstellung in ganz individuellen Reaktionen alles zu beobachten
gewesen war: Aufmerksamkeit, Irritation, Bestürzung, Fassungslosigkeit und auch Fluchtreaktionen, bewusste Verdrängung oder Überspielung. So vielschichtig das Thema, so vielschichtig war
auch diesmal wieder die Konfrontation damit.
(Lena Soltendieck, Jens Wilczek, Dirk Krüger)